Bürgerinitiative
Misselwarden
eckehard niemann von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche landwirtschaft
Von Inga Hansen
Misselwarden. Der Protest gegen den Bau großer Hühnerställe im Cuxland weitet sich aus. Nach Lunestedt hat sich nun auch in Misselwarden eine Bürgerinitiative gegründet, die verhindern will, dass am Dorfrand eine Hühnerfarm für mehr als 53000 Tiere gebaut wird. Auf einer ersten Info-Veranstaltung sprachen sich 35 Dorfbewohner mit ihrer Unterschrift dagegen aus.
Jens Adickes, momentan Landwirt im Nebenerwerb, hat die Misselwardener mit seinen Plänen auf die Barrikaden gebracht. 600 Meter vom Dorf entfernt will er einen 180 Meter langen und 60 Meter breiten Stall bauen. Um dort Hühner zu halten, die Nachwuchs für den boomenden Hähnchenmast-Markt produzieren sollen. Einen Bauantrag hat er gestellt, derzeit ist er dabei, die nötigen Gutachten erstellen zu lassen. Drumherum sind in den letzten Jahren weitere große Ställe entstanden: Ein Schweinestall mit 500 Sauen, eine Hähnchenmast mit 75000 Tieren, eine Putenmast mit 46000 Tieren.
Eine Tierhaltung, gegen die sich jetzt Widerstand regt. 60 Zuhörer waren ins Partyzelt an der Kreisstraße gekommen, um sich über die Hühnerhaltung zu informieren. Die hat nach Ansicht von Hauptredner Eckehard Niemann nichts mehr mit bäuerlicher Landwirtschaft zu tun. Denn das Futter für das viele Federvieh werde nicht mehr auf den eigenen Flächen angebaut, sondern in Übersee eingekauft. Der Bauer sei überhaupt nur noch ein kleines Rädchen im Riesen-Konzern. „Geflügelunternehmen wie Wiesenhof liefern die Eier, das Futter und die Medikamente. Und sie diktieren den Preis, zu dem sie die Masthähnchen abnehmen.“
Niemann ist einer der Koordinatoren von bundesweit über 100 Bürgerinitiativen, die im Netzwerk „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ gegen die Massentierhaltung zu Felde ziehen. Und sie verzeichnen Erfolge. In den Tiermast-Hochburgen Oldenburg, Vechta und Emsland mühe sich die Kreisverwaltung mittlerweile darum, den Bau von Riesen-Mastställen zu beschränken, erzählt Niemann. Der Kreis als Genehmigungsbehörde fordere dort zum Beispiel Gutachten über die Keimbelastung durch die Ställe ein. „Außerdem muss bei Ställen dieser Größenordnung ein Gutachten über die Geruchsbelästigung erstellt werden.“ Darüberhinaus gebe es eine Regelung im Baugesetz, wonach im Brandfall Menschen und Tiere binnen 30 Minuten evakuiert werden müssen. „Das ist bei 53000 Tieren gar nicht möglich.“ Sein Fazit: „Wenn der Kreis Cuxhaven etwas gegen die Riesen-Ställe tun will, kann er es auch.“
Auch die Politiker im Dorf könnten etwas tun, so Niemann. Sie entscheiden darüber, ob die Zufahrt zu dem neuen Stall gesichert ist, sie könnten zum Beispiel verlangen, dass der Investor einen möglichen Straßenausbau aus eigener Tasche bezahlt. Kreis und Gemeinde sind hier gefordert, so der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Henry Kowalewski, SPD-Fraktionschef in Wursten, hofft da auf Unterstützung durch den Gesetzgeber: „Wir brauchen Gesetze, die verhindern, dass die Agrarindustrie in die Dörfer einzieht“, forderte er.
veröffentlicht am 09.07.2011, Nordsee Zeitung
60 Misselwardener kamen zum Gründungstreffen der Bürgerinitiative gegen den geplanten Hühnerstall.
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